Montag, 26. November 2012

Patient meiner Assoziationen

Patient meiner Assoziationen
Die Lampe ist kaputt. Die in der Küche. Wir sitzen dort und sehen kaum etwas. Nur das matte Licht des Laptops im Energiesparmodus lässt uns erkennen, dass sich die Küche in einem Zustand befindet, der allem spottet, was sich sauber schimpft. Die Konvention verlangt Ordnung, und die ist eingebrannt. (Die Konvention ist eingebrannt – und die letzten Reste vom Risotto, die sich in der Pfanne mit den Erbsen tummeln. Anm. d. Blogs: Tadaa, da war er wieder, hat sich eingeschlichen: Erbsen, die sich tummeln. Bewusst inszenierte Eigenständigkeit des Mediums Blog um Schreiber als Patienten erscheinen lassen.). Jedenfalls sitzen wir in der dunklen Küche und können im schwachen Licht erkennen, dass wir etwas tun müssen. Müssen wir oft, etwas tun, jeden Tag im Prinzip. Abhängig von allem, was uns umgibt und mit denen wir uns umgeben. Kaffee, Kippe, Sonnenschein. Blogeinträge. Wirre Assoziationen und falsche Schlussfolgerungen, die aus Ideen entspringen, die gar nicht so schlecht sind. Selbstreflexivität. Starre Zeitpläne sind genauso entspannt wie gar keine. Hat mir kürzlich ein Busfahrer erzählt, als er mich um die Ecke gebracht hat. In so einem kurzen Gespräch mit banalen Inhalten kann man viel über eine Person erfahren. Oder, besser gesagt: Man kann sich aus so wenigen Informationen ein sehr detailliertes Bild eines Menschen machen. Ob dieses Bild dann mit der Wirklichkeit wieder übereinstimmt, ist eine ganz andere Frage. Würde aber zu weit führen, denn es muss in den vorliegenden Zeilen ja eine Zielrichtung geben. Der Busfahrer jedenfalls wollte das, was er mir über Zeitpläne mitteilte, loswerden. Ich hörte mir beim Denken über ihn zu, während ich unaufmerksam seinen Worten lauschte. Und ich war mir dabei sicher, dass er verhältnismäßig stolz auf seine Theorie über Zeitpläne war. Er brachte mich nur um die Ecke, deswegen war das Gespräch sehr kurz, jedoch sehr informativ. Ob ihm bewusst war, dass ich eine völlig auswechselbare Person für seine Zwecke war, kann ich nicht sagen. Ob die Theorien, die ich über seine Persönlichkeit entwickelte, mit dem, was man als Realität bezeichnet, übereinstimmt, weiß ich erst recht nicht. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich in dem Moment aktiv und bewusst über seine Persönlichkeit nachgedacht habe – wo der letztendliche Denkanstoß herkam, weiß ich wiederum nicht. Das sind recht viele Faktoren, die starke Zweifel daran aufkommen lassen könnten, ob das, was ich euch über den verrückten Busfahrer mit den leuchtenden Augen, der zerrütteten Familie und der halbseitig gelähmten Tochter erzähle, tatsächlich so stimmt. Aber wenn ich das gut verpacke, dann kann ich den einen oder die andere vermutlich davon überzeugen. Jedoch, und darum geht es schließlich: Der Busfahrer hat mir seine Theorie erzählt, weil er das Bedürfnis danach hatte. Ich habe ihm zugehört, weil ich der einzige im Bus war und meine Kopfhörer gerade kaputt sind. Ich habe über ihn nachgedacht, weil er mir seine Geschichte erzählt hat und ich ganz unweigerlich über ihn nachdachten musste. Dass ich in diesem Moment innerhalb einer Operation als Verkettung von Handlungen fungierte, kann man so vermutlich nicht behaupten. Assoziationen treten meistens in unvorhersehbaren Verkettungen auf – doch wo da welche herkommen und warum, wage ich momentan nicht anzudenken. Das Bild, das ich mir von ihm gemacht habe, hat sich auch ganz patientös zusammengesetzt und besteht in einigen Jahren höchstens als blasse Erinnerung, die aus einer willkürlichen Assoziation heraus zum Leben erweckt wird. Sind wir nur Sklaven unserer Geister? Oder geistern wir versklavend durch ein undurchsichtiges Netz von Zufällen, das uns in immer verschiedene Richtungen treibt? Wir werden sehen, sprach der Blinde. Apropos: Das Licht ist immer noch kaputt, ich werde es reparieren und die Küche aufräumen. Vielleicht. Und übrigens: Ich fahre nicht Bus, Weil mein Fahrrad kaputt ist.

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Zuletzt aktualisiert: 26. Feb, 22:22

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