Dienstag, 26. Februar 2013

Vom Akteur zum Patienten und zurück

Vom Akteur zum Patienten und zurück
Was bleibt uns also, nach all den Reflexionen über Handeln und Behandelt werden? Die vorliegenden Blogeinträge haben gezeigt, dass Vieles darauf hindeutet, dass wir alle Patienten sind, die sich ihrer Behandlung nur allzu gern hingeben, um dabei davon zu träumen, dieser zu entfliehen. Wir sind Patienten der Kunst, der Sprache, unseres Denkens. Wir lassen uns behandeln von den verschiedensten Dingen, die sich letztendlich unter dem Ziel des Erreichens von Glück subsumieren lassen. Wir tanzen, wir schreiben, wir meditieren. Ich selbst habe mich beim Versuch, dem Thema zu nähern, verschiedener Methoden bedient. So habe ich beispielsweise versucht, mich durch assoziatives drauf-los-schreiben ausgesuchten Themenkomplexen zu nähern. Dabei bin ich manchmal auf Erkenntnisse gestoßen, konnte mich aber niemals aus meiner Behandlung lösen, was jedoch sicherlich in der Natur der Sache liegt. Die Behandlung scheint schon bei der Geburt, gar vor der Geburt zu beginnen und nur durch die nächste Behandlung abgelöst zu werden. Ich löse mich aus familiärer Bindung und begebe mich in die Hände der Universität und melde mich bei Facebook an und werde zum Patienten von Patienten. In der Zwischenzeit versuche ich, aus meiner Behandlung auszubrechen, frei zu werden, indem ich tanze, schreibe, schreie oder mich in die Tiefen eines Rausches begebe. Dabei erwische ich nur selten jenen Moment, jenes Jetzt, das mich von jeglicher Behandlung zu befreien scheint und in dessen Behandlung ich für eben dieses Jetzt einfach bin, pures Sein. Es scheint, nach all den Betrachtungen, Wortspielereien, lückenfüllenden Satzzeichen und umständlichen Umschreibungen tatsächlich darauf hinauszulaufen, dass wir uns alle in ständiger Behandlung befinden und uns in unseren Patienten-Netzwerken suhlen. Egal mit wem oder was wir uns zum Kollektiv zusammenschließen, scheinen wir trotzdem ein Patienten-Kollektiv zu bleiben. Ich nehme einen Kochlöffel in die Hand, zusammen sind wir Patient meines menschlichen Bedürfnisses, essen zu wollen. Ausbrechen aus dieser Behandlung scheint durch Kunst möglich zu sein: Von der Muse geküsst können wir vielleicht einen Moment tatsächlich freier Assoziation schaffen und im Kunstrausch etwas erschaffen, von dem wir nachher kaum ahnen, wie es entstanden ist. Frei vom Denken, Frei im Handeln, ohne behandelt zu werden. Schlussfolgernd lässt sich kühn behaupten, dass sich diese Erkenntnis auf gesamtgesellschaftliche Vorgänge übertragen und dadurch bestätigen lässt: Das Streben nach Glück und Freiheit scheinen die unerschütterlichen Ideale des modernen Menschens zu sein. Dieses lässt sich, je nach Geschmack, auf Behandlungen jeglicher Art projizieren, durch die versucht wird, diese Ideale zu erreichen. Freiheit und Glück lässt sich (so wird es uns zumindest vorgegaukelt) durch Geld erkaufen. Versuchen wir dieses zu erwirtschaften, träumen wir davon, von ihm unabhängig zu sein. Viele verzweifeln daran, ertränken ihre Sorgen im Rausch oder verfallen einer Depression. Nur auf Grund der Aussicht, sich nie frei fühlen zu können, keinen guten Sex haben zu können oder niemals unabhängig zu sein. Als Patienten der eigenen Wünsche taumeln wir so umher, stets auf der Suche nach dem Glück, das uns versprochen wird. Und bei dieser Suche sind wir so beschäftigt mit dem Weg dorthin, dass wir am Wegesrand über den einen Moment des Glücks stolpern und uns noch darüber aufregen. Weil wir so in unserem Patientendasein verhaftet sind, dass wir es gar nicht erkennen können, dieses ominöse Etwas. Suchen wir weiter. Vielleicht können wir irgendwann, irgendwie dann auch handeln, statt behandelt zu werden. Bis dahin: Abwarten und Behandelt werden.

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Zuletzt aktualisiert: 26. Feb, 22:22

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